Wenn die Punkte zum Wahn werden...
Ein Kommentar von "Kalleson"

 

Viele bestreiten es - die Meisten tun es.

Die Rede ist von dem Blick auf die Statistik und die damit verbundene ... nennen wir es "Beeinflussung des Cacheverhaltens".

Klickt man sich durch die Profile der Geocacher findet man allerorts Statistiken: Matrixbildchen, FTF-Listen, Landkarten und über allem thront eine Zahl:
Die Gesamtfunde.

Sicherlich ist jedem bewusst, dass diese Zahl nur bedingt aussagefähig in vielerlei Hinsicht ist. Dennoch schaut man darauf und sie haftet an einem jeden Geocacher wie eine Kennzahl. Es werden Jubiläumscaches beim Erreichen runder Fundzahlen gelegt, es wird teilweise die Erfahrung eines Cachers an dieser Zahl gemessen, wenn man Mindestfundzahlen für das Legen eigener Caches fordert. Und dieses geschieht auch durch Cacher die vorgeben, ihnen sei diese Zahl egal. Aber sie ist nicht egal! Jeder von uns schaut darauf. Jeder von uns täte sich beispielsweise schwer, einem Geocacher mit mehreren tausend Funden "mangelnde Erfahrung" zu unterstellen. Manche mehr, manche weniger.

Und all dieses führt dazu, dass einem insbesondere die eigene Fundzahl eben doch nicht so ganz egal ist, auch wenn sie es sein sollte. Auch ich muss zugeben (und ich würde mich absolut nicht als "Statistikcacher" bezeichnen wollen), dass ich, als es auf die Tausendermarke zuging, immer mal wieder auf die Fundzahl geschielt habe und auch den ein oder anderen Trail angesteuert habe, den ich sonst vieleicht nicht besucht hätte.

Dieses Verhalten werden wahrscheinlich fast alle Geocacher auch bei sich selbst feststellen können, wenn sie ehrlich zu sich sind. Ist das schlimm? Nein. Der Mensch neigt einfach dazu, sich vergleichen zu wollen und sich Ziele anhand von messbaren Werten zu setzen.
Es kann ja auch durchaus Spaß machen, sich selbst zu testen, indem man versucht jeden Tag mindestens einen Cache zu finden und zu sehen, wie lange man dieses wohl durchhält. Auch der Selbsttest eines Cachemarathons mit der Zielsetzung, möglichst viele Caches an einem Tag zu finden oder möglichst viele Regionen an einem Tag zu becachen, kann Spaß bereiten. Aber in den vorangegangenen zwei Sätzen steht ein kleines, unscheinbares, aber wichtiges Wörtchen: Selbst. Sich selbst.

Wer beginnt, seine Statistik zu treiben, um Eindruck auf andere zu machen, bei dem wird es problematisch. Denn derjenige fängt an sich vom eigentlichen Sinn unseres Hobbies zu entfernen und vor allem davon, weshalb er oder sie selbst überhaupt damit begonnen hat. Der "Sinn des Cachens" also das "Warum?" sollte immer ein anderer Beweggrund sein, als die Zahlen. Es muss nicht nur die immer beschworene "Location" sein. Es kann durchaus auch die Suche nach Abenteuern, die Lust an gemeinsamen Aktivitäten mit Gleichgesinnten, die Freude an ausgefallenen Cacheideen, oder meinetwegen auch (der mir absolut fremde) Spaß am Rätseln sein. Es sollte nur nie so sein, dass man es allein der Zahlen wegen tut.

Wer dieses tut, der hat nicht verstanden, worum es geht - bzw. es aus den Augen verloren.

Ein besonders eindrucksvoller Fall dieser Art hat sich vor ein paar Wochenenden in Lingen ereignet:

Auch wenn es keine Seltenheit mehr ist, dass Gruppen von Geocachern, gut vorbereitet und mit einigen Rätselhakenkoordinaten im Gepäck, eine Region besuchen, um dort "alles was geht" an einem Wochenende zu suchen und zu loggen, so fiel hier dann einigen Ownern doch auf, dass in diesem Fall tatsächlich all ihre Caches geloggt wurden.

Ein Blick in die Onlineaufzeichnungen offenbarte dann, dass diese Gruppe offensichtlich einfach alles in und um Lingen innerhalb eines Tages gefunden haben wollte. Caches aller Art. Trails, aufwändige Tradis, langwierige Multis, Mysteries... einfach alles.

Als einige Cacher, daraufhin neugierig geworden, ihre Logbücher kontrollierten, stellten diese dann fest, dass die betreffenden Cacher in vielen Logbüchern gar nicht eingetragen waren und dort, wo sie sich verewigt hatten, geschah dies über einen lieblos hineingeklatschten Aufkleber. Wer jetzt anführen möchte, dass dieses ja auch "platzsparend" und somit ownerfreundlich sei, der möge sich einfach mal das Foto eines der betreffenden Logaufkleber anschauen. Online wurde dann natürlich mit einer Copy-Paste-Standardfloskel geloggt, unabhängig davon, ob es um eine Traildose oder einen besonders aufwändig gestalteten Cache ging.
Auf Rückfrage eines Owners gab man dann an, nicht mehr so ganz genau zu wissen, welche Caches man gefunden habe, aber es seien ca. 250 Stück und eigentlich alle in der Region gewesen, daher habe man Lingen einfach komplett geloggt.

Eigentlich ist ein solches Cacheverhalten nur als bedauernswert zu beurteilen, weil hier offensichtlich jeder Bezug zum Hobby abhanden gekommen scheint.

Bedarf dieses Verhalten einer Maßregelung durch eine Löschung der betreffenden Onlinelogs?
Nun, das muss jeder Owner für sich entscheiden - ich persönlich hätte wahrscheinlich nicht gehandelt. Fakt ist jedoch, dass jeder Owner gemäß der Guidelines das Recht dazu hat. Und diesen Spieregeln unterwirft sich ein Jeder, der unser Hobby über Geocaching.com betreibt, egal ob sie nun sinnvoll sein mögen oder nicht. Natürlich zwingt einen niemand, diese Regeln einzuhalten. Weder beim Caches legen, noch beim Loggen. Doch jedem muss auch bewusst sein, dass ein Erwischtwerden beim Schummeln entsprechende Konsequenzen haben kann. Sei es die Archivierung eines nicht guidelinekonfromen Caches oder wie hier die Löschung des Logs.

An dieser Stelle wurde im betreffenden Fall dann aus dem "bedauernswerten" Verhalten ein Unangemessenes bis Unverschämtes: Nach der berechtigten Loglöschung durch einen der Owner wurde seitens der Statistikcacher (ich denke hier ist der Begriff durchaus mal angemessen) bei all dessen Caches ein "Needs Archived" geloggt. Es folgte dann dazu ein immer wiederkehrendes erneutes Loggen der Caches und erst ein Einschreiten aus Seattle konnte den "Doch-nicht-Finder" bremsen.

Ein Blick in die Statistik des betreffenden Nicht-Finders verwandelte dann mein anfängliches Kopfschütteln in Erstaunen: Während die weit mehr als 10.000 (Nicht-?)Funde mich natürlich keineswegs überraschten, verwunderte mich eines sehr: Es handelte sich um einen Cacher der ersten Stunde - zwar nicht um ein "Charter Member" aber doch immerhin um jemanden, der dieses Hobby bereits seit 2002 betreibt und somit um jemanden, der die Anfänge und die gesamte Entwicklung des Geocachings in Europa miterlebt hat. Also um jemanden, von dem ich nie erwartet hätte, dass er nach mehr als 10 Jahren Geocachings das eigentliche "Warum?" so aus den Augen verlieren kann...

Schade.

Es bleibt mitr nur Euch allen zu wünschen, dass Ihr nicht vergesst, wieso ihr dieses Hobby betreibt. Denn was auch immer euch antreibt Dosen zu suchen: Es sollten nie die Zahlen sein.


Happy Hunting
 

Kalleson vom GiE-Team